Der 11. November wird in vielen Ländern Europas (und dem Commonwealth) als Gedenktag des Waffenstillstands von 1918 (Armistice Day) begangen. Es ist ein Tag der Besinnung und inneren Einkehr. In besonderer Erinnerung ist mir dieser Tag im Jahr 1989 geblieben. Zwei Tage zuvor war die Berliner Mauer gefallen. Dieses Aufeinanderprallen von Geschichte – das Gedenken an das Ende des Ersten Weltkriegs, mit Deutschland als Verlierer, und quasi im selben Moment das Ende einer Hauptfolge des von Deutschland begonnenen Zweiten Weltkriegs zu erleben, war für mich als Europäerin ungeheuer bewegend. Der Traum von einem geeinten Europa schien in greifbare Nähe gerückt.
„Wenn die Waffen noch nicht schweigen“ weiterlesenSchlagwort: Krieg
Hundstage
Es ist heiß in Litauen. Unerträglich heiß. Wer nicht vor die Tür muss, bleibt zuhause. Auch die Bibliothek ist verwaist. Seit dem Wochenende haben die Sorgen der Litauer erheblich zugenommen. Wird Russland ihr Land angreifen, um sich freien Zugang zur Kaliningrad Oblast dauerhaft zu sichern? Wie real sind die russischen Drohgebärden, mit Atomwaffen London zu bombardieren und die Balten die Kosten für die Blockade der Oblast spüren zu lassen? Gestern fragte mich Rasa, meine Ansprechpartnerin in der Bibliothek, ob ich glaube, dass es tatsächlich zu einem Angriff kommen wird. Dabei weiß ich genauso viel oder wenig wie sie. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, insbesondere wenn sich Putin mehr und mehr in die Ecke gedrängt fühlt. Er ist unberechenbar geworden und scheut offensichtlich auch die Konfrontation mit der NATO nicht mehr. Andererseits hat er gerade seine Teilnahme am G20 Gipfel angekündigt, die er wohl vergessen kann, wenn er zuvor einen Angriff auf Litauen startet.
„Hundstage“ weiterlesenEin Sommer voller Unsicherheiten
Zum 8. Mai 2022
Als ich mich um die Stadtschreiberstelle in Memel/Klaipėda bewarb, war die Welt noch in Ordnung. Also nicht wirklich. Denn irgendwo ist ja immer Krieg. Irgendwo herrscht immer Kriegstreiberei und irgendwo sterben Menschen, weil andere glauben, ihnen stehe es zu, über deren Leben oder Tod zu entscheiden. Euphemistisch nennen wir es inzwischen auch gerne „bewaffnete Konflikte“. Dieses „Irgendwo“ ist in Europa meistens auch weit weg. Jedenfalls so lange keine Geflüchteten an den Stränden in Spanien, Italien oder Griechenland anlanden, an denen wir unsere Sonnenliegen mit Handtüchern in Beschlag nehmen. Der Deutschen Freiheit wird nicht etwa am Hindukusch verteidigt. Nein, keineswegs erst seit dem Abzug der westlichen Truppen aus Afghanistan verteidigt Deutschland seine Freiheit an den Stränden von Mallorca, Sizilien und Lesbos.
„Ein Sommer voller Unsicherheiten“ weiterlesen